Eigentümerin des Prioritätsrechts (2)

Erster möglicher Unwirksamkeitsgrund eines Prioritätsrechts: Das Prioritätsrecht wird von einer Nachanmelderin beansprucht, die Nicht – Eigentümerin des Prioritätsrechts innerhalb der Prioritätsfrist von 12/6 Monaten ist

PDF Herunterladen

Teil 1: Prioritätsrecht nach der PVÜ
Teil 3: Identität bei Priorität nach PVÜ
Teil 4: Priorität erste Hinterlegung
Teil 5: Prioritätsrecht Formerfordernisse
Teil 6: PCT Anmeldung als erste Hinterlegung

Weil nach Art. 4(A)(1) PVÜ nur die Anmelderin oder ihre Rechtsnachfolgerin das Prioritätsrecht genießt, ist Identität der Anmelderin oder von deren Rechtsnachfolgerin zwischen der prioritätsbegründenden ersten Hinterlegung und der prioritätsbeanspruchenden Nachanmeldung innerhalb des 12/6-Monatsfrist erforderlich, bevor die prioritätsbeanspruchende Nachanmeldung eingereicht wird. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass entweder fehlende oder unwirksame Übertragungen der prioritätsbegründenden ersten Hinterlegung oder davon losgelöst des Prioritätsrechts auf eine Rechtsnachfolgerin als Eigentümerin des Prioritätsrechts zu fehlender Identität von Anmelderin/Rechtsnachfolgerin zwischen der ersten Hinterlegung und Nachanmeldung führen kann. Einfacher ausgedrückt kann eine mit Mängeln behaftete Übertragung auch zu einer unwirksamen Beanspruchung des Prioritätsrechts führen. Oder anders ausgedrückt, allgemeinen Rechtsprinzipien folgend, muss eine ein Recht beanspruchende natürliche oder juristische Person zu dem Beanspruchungs-Zeitpunkt zu dieser Beanspruchung berechtigt sein, sonst ist die Beanspruchung dieses Rechts unwirksam. Die Beanspruchung des Prioritätsrechts folgt insoweit nur allgemeinen Rechtsprinzipien.

Sofern eine Übertragung von mehreren gemeinsamen Erfindern auf eine Anmelderin (zum Beispiel der Arbeitgeberin der gemeinsamen Erfinder) erfolgt, müssen alle gemeinsamen Erfinder rechtswirksam übertragen. Leider muss die Berechtigung zur Beanspruchung der Priorität innerhalb der 12/6-Monats-Prioritätsfrist vorhanden sein, weil die Anmelderin oder ihre Rechtsnachfolgerin gemäß Artikel 4A(1) PVÜ ein Prioritätsrecht für die Hinterlegung in den anderen Ländern während der  Prioritätsfristen genießt. Damit können rechtliche Schwierigkeiten daraus resultieren, dass die Anmelderin der prioritätsbegründenden ersten Anmeldung sich von der Anmelderin der prioritätsbeanspruchenden Nachanmeldung unterscheidet. Auf dem Gebiet der Erfindungspatente entstehen die häufigsten Probleme dieser Art daraus, dass die erste Hinterlegung die Erfinder als Anmelder hat, während die prioritätsbeanspruchende Nachanmeldung eine Rechtsnachfolgerin als Anmelderin aufweist, beispielsweise die Arbeitgeberin der Erfinder als Eigentümerin des Prioritätsrechts. Die wirksame Beanspruchung der Priorität durch die Arbeitgeberin erfordert dann eine rechtswirksame Übertragung des Prioritätsrechts innerhalb der 12/6-Monats Prioritätsfrist, damit die Arbeitgeberin das Prioritätsrecht für die Nachanmeldung rechtswirksam beanspruchen kann.

Leider regelt die Pariser Verbandsübereinkunft nicht, welches Recht für die rechtswirksame Übertragung des Prioritätsrechts anzuwenden ist. Die Arbeitgeberin sollte daher nicht davon ausgehen, dass auch in anderen Ländern das Recht desjenigen Landes angewendet wird, in welchem die prioritätsbegründende erste Hinterlegung erfolgte. Beispielsweise wird in vielen Ländern eine automatische Übertragung durch das Arbeitsverhältnis bzw. den Arbeitsvertrag falls vorhanden – wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Amerika – nicht als eine rechtswirksame Übertragung angesehen. Selbst wenn die Übertragungserklärung ausdrücklich das für die Übertragung anwendbare Recht spezifiziert, ist das keine Garantie dafür, dass die Anwendung dieses Rechts in anderen Ländern anerkannt wird.

Üblicherweise ist eine Übertragungserklärung in Schriftform erforderlich, welche die Unterschriften sowohl von der Übertragenden (beispielsweise einem Erfinder) und der Übertragenen (beispielsweise der Arbeitgeberin) trägt, um eine wirksame Übertragung vorzunehmen. Auch sollte die Übertragungserklärung ein innerhalb der 12/6-Monats Prioritätsfrist liegendes Unterzeichnungsdatum tragen, welches außerdem nicht nach dem Anmeldedatum der Nachanmeldung liegen darf. Leider wird in vielen wenn nicht den meisten Ländern nach deren nationalem Recht eine rückwirkende Übertragung nach Ablauf der 12/6-Monatsfrist, aber mit rückwirkender Wirkung innerhalb der 12/6-Monatsfrist (eine sogenannte nunc pro tunc Übertragung) nicht zur Heilung eines mängelbehafteten Übertragung innerhalb der 12/6-Monats Prioritätsfrist akzeptiert, weil nach Artikel 4A(1) PVÜ die Anmelderin oder ihre Rechtsnachfolgerin das Prioritätsrecht “während“ der 12/6-Monats Prioritätsfrist genießt.

PDF Herunterladen

Teil 1: Prioritätsrecht nach der PVÜ
Teil 3: Identität bei Priorität nach PVÜ
Teil 4: Priorität erste Hinterlegung
Teil 5: Prioritätsrecht Formerfordernisse
Teil 6: PCT Anmeldung als erste Hinterlegung

Related posts