Erweiterung des Schutzumfangs EPA; Definition und Gründe (1)
Erweiterung des Schutzumfangs im Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt EPA; Definition und Gründe
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Teil 2: EPA Erweiterung des Schutzumfangs; Probleme und Lösung
Definition von Erweiterung des Schutzumfangs
Unter einer Erweiterung des Schutzumfangs versteht man allgemein das Entfernen eines Anspruchsmerkmals aus einem Patentanspruch ungeachtet dessen, ob andere einschränkende Anspruchsmerkmale dem jeweiligen Patentanspruch hinzugefügt werden, sofern diese hinzugefügten Anspruchsmerkmale nicht vollständig von dem entfernten Anspruchsmerkmale umfasst sind. Enthält ein Patentanspruch beispielsweise die Anspruchsmerkmale A + B + C, so ist ein Patentanspruch mit den Anspruchsmerkmalen A + C + D + E + F in seinem Schutzumfang dadurch erweitert, dass Anspruchsmerkmale B entfernt wurde, unabhängig davon, ob Anspruchsmerkmale D + E + F hinzugefügt wurden. Wenn ein Anspruchsmerkmal nicht vollständig entfernt wurde, sondern nur enger gefasst wurde, wird dies nicht als eine Erweiterung des Schutzumfangs gewertet, sofern das eingeschränkte Anspruchsmerkmal vollständig von dem ursprünglichen, breiter gefassten Anspruchsmerkmal umfasst ist. Wenn beispielsweise ein Begriff wie “Verbindungsmittel“ durch den Begriff “Schraube“ ersetzt wird, wird dies nicht als eine Erweiterung des Schutzumfangs verstanden, sondern als eine Einschränkung. Es versteht sich, dass für eine solche Einschränkung ursprüngliche Offenbarung für eine Schraube als ein mögliches Befestigungsmittel vorhanden sein muss.
Wann wird eine Erweiterung des Schutzumfangs eines Anspruchs üblicherweise angestrebt?
Dafür kann es natürlich verschiedene Gründe geben. Nachdem beispielsweise einige Zeit nach der Ausarbeitung der ursprünglichen Offenbarung verstrichen ist, und die technische Entwicklung eines Produkts, welches von dem Patent abgedeckt werden soll, vorangeschritten ist, können sich technische Alternativen zu ursprünglichen Anspruchsmerkmalen auftun. Um dennoch das Produkt der Anmelderin durch die Kombination von Anspruchsmerkmalen abzudecken, kann es erforderlich sein, das ursprüngliche Anspruchsmerkmal zu ersetzen, beispielsweise durch das alternative Merkmal, welches sich durch die weitere technische Entwicklung herauskristallisiert hat. Nimmt man aber an, dass das alternative Merkmal zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Patentanmeldung noch nicht erwogen wurde, enthält die ursprüngliche Offenbarung folglich diese Alternative nicht, so dass ein Austausch des ursprünglichen Anspruchsmerkmals gegen diese Alternative keine Option ist. Die einzige Heilung ist dann, dass Anspruchsmerkmal aus dem unabhängigen Anspruch ganz zu entfernen, was wie oben definiert zu einer Erweiterung des Schutzumfangs führt. Als ein weiteres Szenario, wonach eine Erweiterung des Schutzumfangs wünschenswert sein kann, könnte die Anmelderin erst später von einem Stand der Technik Kenntnis erlangt haben, welcher die ursprünglich beanspruchte Merkmalskombination vorwegnimmt. D.h., die ursprüngliche Anspruchsmerkmals-Kombination, von der angenommen wurde, dass sie Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem Stand der Technik enthält, stellt sich als vom Stand der Technik vorweggenommen heraus. Falls ein derartiger Stand der Technik beispielsweise die vorgenannte Merkmalskombination A + B + C als ursprünglich offenbart lehrt, aber nicht die Merkmalskombination D + E + F lehrt und falls man weiter annimmt, dass die sowohl die Merkmalskombination A + B + C + D + E + F als auch die Merkmalskombination A + C + D + E + F die Patentierungsvoraussetzungen von Neuheit und erfinderische Tätigkeit erfüllen, bevorzugt die Anmelderin üblicherweise den breiteren Anspruch A + C + D + E + F, welcher das Anspruchsmerkmale B nicht enthält. Es versteht sich, dass die Anmelderin nur so viele Anspruchsmerkmale im Anspruch haben möchte, dass die Patentierungsvoraussetzungen von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit erfüllt sind. Das kann zu dem Wunsch einer oben definierten Erweiterung des Schutzumfangs während des Erteilungsverfahrens führen, weil aufgrund der hinzugefügten, einschränkenden Anspruchsmerkmale nicht mehr alle der ursprünglichen Anspruchsmerkmale erforderlich sind, um sich vom Stand der Technik abzuheben.